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aus der Folge “across time” (01)

across time (01)

Peter Riek

Selbstgespräch vor Peter Rieks Bildern.
 
Es ist nicht nötig, daß man einem Bild ansehe, wie es entstanden ist. Selbst die Anlässe, die
der Maler hatte, das Bild zu malen, sind für mich unwichtig. Es sind seine Anlässe. Vielleicht
hatte er eine Art allgemeiner Mal-Lust und suchte diese Lust dann während des Malens durch
diese und jene ästhetische Entscheidung gleichzeitig auszudrücken und zu legitimieren. Es
tauchen jetzt öfter auf Bildern wieder Gegenstände auf. Tiere, zum Beispiel, die aussehen als
seien sie nicht durch vorgefaßte Absicht, sondern unwillkürlich, einfach von selbst durch
Drauflosmalen entstanden. Sie bleiben völlig im Bild, gehen auf in Malerei.

Das Bild verbirgt sie eher als daß es sie präsentiert. Es soll nur gemalt werden. Aber frage
nicht, was. Was soll ich dann fragen? Nach der Schönheit! Die gibt es. Aber nicht durch
inhaltlich gestützte Stimmungen vermittelt. Das ästhetische Kalkül drängt sich nicht als
solches auf. Im Gegenteil. Es tut alles, sich nicht als solches zu zeigen. Schön soll es schon
sein, das Bild. Aber wir sollen nicht gleich wissen und sagen können, warum.  
 
Wenn ein Baum oder ein Mensch so und so gemalt wird, dann kriegen wir die ästhetische
Leistung gleich bar präsentiert. Aber wenn sich einfach Malerei zeigt, die nicht wild auf
Gegenstände ist, sondern sich fast dafür geniert, daß solche auftauchen, dann sind wir zuerst
allein gelassen als Betrachter. Wir stehen offenbar reiner Malerei gegenüber, das heißt, wir
sind auf uns selber angewiesen. Und das ist nicht sofort ein Genuss. Unsere Augen sind
Verkehrszeichen gewöhnt.  
 
Der Kurzschluss vom Auge zum Gehirn ist unser Normalzustand. Und jetzt irren die Augen in
Gemaltem und an im herum und können nichts melden. Es dauert eine Zeitlang, bis sie sich
aus ihrer Abgerichtetheit befreien und fähig werden, etwas auf sich wirken zu lassen, was
keine Chance hat, eine Meldung zu werden. Wer diese Zeit hat, dem geht dann vielleicht
etwas auf. Es kann befriedigend sein, nicht zu wissen, warum man etwas schön findet.
Vielleicht ist das eine Art Freiheitsempfindung. Und Schöneres kann Schönes nicht bewirken.
 
Martin Walser, Konstanz, 1984

Material:

Ölpastell auf Papier

Jahr:
Arbeiten aus den 90-er Jahren, 2016-20 überarbeitet / Unikat
Technik:
Ölpastell auf Papier
Größe
70x50 cm
Preis
1.800,00 €
inkl. 19% MwSt